Baugewerbe: Auftraggeberhaftung für SV-Beiträge der Subunternehmer
Mit vorliegender Gesetzesänderung soll mithilfe einer Auftraggeberhaftung der systematischen Hinterziehung von SV-Beiträgen durch “Schwindelfirmen” im Baubereich ein Riegel vorgeschoben werden. Das beauftragende Bauunternehmen haftet künftig, wenn es nicht einen entsprechenden Geldbetrag an den zuständigen SV-Träger überweist – es sei denn, der Auftrag wird an ein punkto Schwarzarbeit unbedenkliches Unternehmen vergeben. Damit sollen jene Unternehmen, die Bauleistungen an Subunternehmen weitergeben, dazu angehalten werden, verstärkt auf die Seriosität ihrer Auftragnehmer achten. Das Gesetz tritt in Kraft, sobald die dafür notwendige technische Infrastruktur fertiggestellt wurde.
Die Regelung gilt nur für Auftraggeber. Werden Unternehmen, die keine Bauunternehmen sind, nur als “Bauherren” tätig, so fallen sie nicht unter die neue Haftungsregelung. Weiters werden nur Auftraggeber erfasst, die ihre Niederlassung in Österreich haben. Die eingesetzten Dienstnehmer müssen den österreichischen Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit unterliegen. Bei Beauftragung eines in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Subunternehmens durch einen österreichischen Auftraggeber wäre nur dann die Auftraggeberhaftung anwendbar, wenn auf die Dienstnehmer österreichisches SV-Recht anzuwenden ist, zB weil der Auftrag in Österreich länger als 12Monate dauert.
Haftungsvoraussetzungen
Werden Bauleistungen (Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen) an ein anderes Unternehmen weitergegeben, so ist nun grundsätzlich eine Haftung des Auftrag gebenden Unternehmens für Beitragsrückstände des beauftragten Unternehmens bis zur Höhe von 20% des geleisteten Werklohns vorgesehen.
Die Auftraggeberhaftung ist von einem konkreten Auftrag losgelöst, sie umfasst vielmehr alle Beitragsschulden des beauftragten Unternehmens bei den Krankenversicherungsträgern! Sie tritt mit dem Zeitpunkt der Leistung (eines Teils) des Werklohns an das beauftragte Unternehmen ein und umfasst alle (dh nicht nur die aus dem konkreten Auftrag resultierenden) Beiträge und Umlagen des beauftragten Unternehmens, die spätestens bis zum Ende des Kalendermonats fällig werden, in dem die (teilweise) Zahlung des Werklohns erfolgt ist.
Die Haftung wird schlagend, wenn der Krankenversicherungsträger gegen das beauftragte Unternehmen zur Hereinbringung der geschuldeten Beiträge und Umlagen erfolglos Exekution geführt hat oder das beauftragte Unternehmen bereits insolvent ist.
“Kettenhaftung” und Auskunftspflichten
Die Auftraggeberhaftung erstreckt sich auch auf jedes weitere beauftragte Unternehmen, wenn die Beauftragung auf eine Umgehung der Haftung abzielte, und das Auftrag gebende Unternehmen dies wusste bzw ernstlich für möglich halten musste. Ein derartiges Umgehungsgeschäft kann daran erkannt werden, dass das beauftragte Unternehmen keine eigenen Bauleistungen erbringt, kein technisches oder kaufmännisches Fachpersonal aufweist, in einem gesellschaftsrechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Auftrag gebenden Unternehmen steht oder der Auftrag aufgrund eines deutlich “unterpreislichen” Angebots erteilt wurde.
Generell sind die Auftrag gebenden Unternehmen zur Auskunft über die beauftragten Unternehmen und die beauftragten Bauleistungen verpflichtet. Bei Verletzung der Auskunftspflichten drohen Geldstrafen von 1.000 € bis 20.000 € (im Wiederholungsfall).
Liste der haftungsfreistellenden Unternehmen
Bei jedem Krankenversicherungsträger, der Dienstgeberkonten führt, ist eine separate Liste der haftungsfreistellenden Unternehmen (kurz: HFU-Liste) tagesaktuell zu führen. Bei der WGKK wird ein Dienstleistungszentrum eingerichtet, dem neben den Aufgaben im Zusammenhang mit der Entgegennahme, Weiterleitung und Verrechnung des Haftungsbetrags die Führung einer HFU-Gesamtliste obliegt. Hier werden auch die Anträge auf Aufnahme in die HFU-Liste entgegengenommen und geprüft. Anträge auf Aufnahme in die HFU-Liste sind bereits ab 1.11.2008 zulässig. In die HFU-Gesamtliste aller Krankenversicherungsträger können die betroffenen Unternehmen auf elektronischem Weg kostenlos Einsicht nehmen.
Damit ein Unternehmen in diese Liste aufgenommen wird, müssen Bauleistungen in der Gesamtdauer von mindestens 3Jahren vorliegen. Entsprechende Tätigkeiten in einem Mitgliedstaat des EWR und der Schweiz sind dabei ebenfalls zu berücksichtigen. Für den Nachweis der Bauleistungen genügt in der Regel die Vorlage der diesbezüglichen Umsatzsteuerbescheide. Als weitere Aufnahme-Voraussetzung gilt, dass keine Beitragsrückstände vorliegen. Außer Betracht bleiben dabei Beitragsrückstände unter einer festgelegten Bagatellgrenze, sowie vereinbarte Stundungen und vereinbarungsgemäß entrichtete Ratenzahlungen.
Ein in eine HFU-Liste aufgenommenes Unternehmen ist aus dieser zu streichen, wenn eine der Voraussetzungen für die Aufnahme nicht mehr vorliegt, dh die bis zum jeweils zweitvorangegangenen Kalendermonat fälligen Beiträge nicht entrichtet wurden. Darüber hinaus führt die Nichtvorlage der Beitragsnachweisungen für zwei Kalendermonate zur Streichung aus der HFU-Liste.
Trotz Vorliegens der Voraussetzungen kann die Aufnahme in die HFU-Liste verweigert bzw ein aufgenommenes Unternehmen aus der HFU-Liste gestrichen werden, wenn schwerwiegende verwaltungs- oder strafrechtliche Verstöße vorliegen bzw zu erwarten ist, dass das Unternehmen seinen sv-rechtlichen Verpflichtungen als Dienstgeber nicht nachkommen wird.
Quellen
BGBl I2008/91, ausgegeben am 2.7.2008
Bundesgesetz, mit dem das ASVG geändert wird (AuftraggeberInnen-Haftungsgesetz)