Angemessene Abfindung für ein scheidendes Vorstandsmitglied
Wenn Vorstandsmitgliedern im Rahmen einer “gütlichen Einigung” auch eine freiwillige, zusätzliche Abfindung gewährt wird, kann dies durchaus im Interesse des Unternehmens sein. Besteht der Verdacht auf mögliche Pflichtverletzungen von Vorstandsmitgliedern, ermöglicht dieser “Golden Handshake”, dass die Vorstandsmitglieder ohne Rechtsstreitigkeiten vorzeitig ausscheiden und eine “reibungslose Übergabe” erfolgt: Negative Einflüsse auf den Aktienkurs können so vermieden werden.
Zu prüfen ist, ob die freiwillige Abfertigung, mit der eine gütliche Lösung “erkauft” wird, im Rahmen des Ermessensspielraums der Aufsichtsratsmitglieder liegt, wenn die Auflösung der Vorstandsverträge in deren alleinige Kompetenz fällt.
Der betreffende Ermessensspielraum des Aufsichtsrats ist gesetzlich bestimmt. Danach hat der Aufsichtsrat dafür zu sorgen, dass die Gesamtbezüge der Vorstandsmitglieder (Gehälter, Gewinnbeteiligung, Aufwandsentschädigung, Versicherungsentgelte, Provisionen und Nebenleistungen jeder Art) in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des einzelnen Vorstandsmitglieds und zur Lage der Gesellschaft stehen.
Keine Pflichtverletzung nachgewiesen
Die Frage der Höhe der Abfindung eines scheidenden Vorstandsmitglieds im Rahmen von Auflösungsvereinbarungen hängt entscheidend davon ab, ob dem betreffenden Vorstandsmitglied eine Pflichtverletzung nachgewiesen werden kann oder ob die Auflösung aus anderen Gründen erfolgt. Bei einer Pflichtverletzung hat sich die Höhe der Abfindungszahlung wohl nur zwischen einem angemessenen Betrag zur Abgeltung eines gewissen Prozessrisikos und gar keiner Zahlung zu bewegen.
Vertretbare unternehmerische Entscheidung
Wird darüber hinaus die Zahlung eines weiteren Abfindungsbetrags vereinbart, ist zu prüfen, ob diese Entscheidung auch im Unternehmensinteresse getroffen wurde. So kann es zwei Möglichkeiten geben: entweder die Konfrontation mit den scheidenden Vorstandsmitgliedern und damit verbundene Nachteile, insb die Gefahr einer negativen Beeinflussung des Aktienkurses, oder die Zahlung der geforderten Abfindungen zur Vermeidung eines öffentlichen Konflikts und zur sicheren Abwehr eines langwierigen Prozesses und evt damit verbundenen Kosten. Generell gilt: Ausschlaggebend für die Entscheidung muss immer das Unternehmenswohl sein.
Bei der Beurteilung, ob die geforderten Abfindungszahlungen als angemessen einzustufen sind, ist neben Unternehmensgröße und Ertragslage vor allem zu berücksichtigen, ob die geforderte Abfindung ohne Weiteres aus liquiden Mitteln geleistet werden könnte.
Quellen
OGH 11.6.2008, 7Ob58/08t
AktG: §§70, 78, 84, 97, 99